Menschen mit Hörbeeinträchtigung & gehörlose Menschen - Psychosoziale Gesundheit & Lebenswelten über die Lebensspanne
Lerninhalte
Das Seminar bietet eine umfassende Einführung in die Kultur und Kommunikation der Gehörlosengemeinschaft und beleuchtet zugleich die psychosoziale Gesundheit von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen über die gesamte Lebensspanne hinweg. Ziel ist es, Barrieren abzubauen, ein vertieftes Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen von gehörlosen Menschen zu schaffen und praxisorientierte Kenntnisse für die Zusammenarbeit und Kommunikation zu vermitteln.
Neben einem Einblick in die Gehörlosenkultur werden Fragen der Identitätsentwicklung gehörloser Menschen behandelt, ebenso wie allgegenwärtige Vorurteile, Mythen und gesellschaftliche Hürden. Ein zentrales Anliegen des Seminars ist es, Betroffenen und Angehörigen Raum zu geben, ihre eigenen Erfahrungen, Sichtweisen und Herausforderungen einzubringen und aktiv an der Diskussion teilzunehmen. Dadurch entsteht ein lebendiger Austausch, der unterschiedliche Lebenswirklichkeiten sichtbar macht und den Perspektivwechsel fördert.
Das Seminar betrachtet die Bedeutung von Mimik und Körpersprache sowie den Umgang mit Missverständnissen und Kommunikationsbarrieren im Alltag und Berufsleben. Psychologische Aspekte – wie die Auswirkungen einer Gehörlosigkeit auf die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung – sowie medizinische Ursachen und Begleitungen werden praxisnah vermittelt. Besonderes Augenmerk gilt den psychosozialen Belastungen, die sich über die gesamte Lebensspanne hinweg zeigen können, etwa bei schulischer oder beruflicher Teilhabe, Übergängen ins Erwachsenenalter oder in der Seniorenphase.
Genauso werden die Themen Isolation, Diskriminierungserfahrungen (zum Beispiel durch Verbote der Gebärdensprache in der Bildungshistorie), Mehrfachbehinderung und Migration beleuchtet. Das Seminar thematisiert gezielt die besonderen Herausforderungen von Menschen mit zusätzlichen kognitiven oder körperlichen Beeinträchtigungen und legt den Fokus auf die Förderung sozialer Teilhabe und Inklusion für alle Betroffenen.
Im Umgang mit hörgeschädigten Menschen ist Sensibilität für spezifische Barrieren zentral. Best-Practice-Modelle für die Begleitung in Beratung, Therapie, auf Ämtern und in interdisziplinären Settings werden vorgestellt – inklusive der Zusammenarbeit mit Dolmetscher:innen, Sozialarbeiter:innen, medizinischen und therapeutischen Fachkräften. Die Gehörlosen-Community wird als Ressource und wichtiges Netzwerk hervorgehoben.
Das Seminar orientiert sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen: Die psychosoziale Gesundheit von gehörlosen Menschen wird aus medizinischer, psychologischer und sozialer Perspektive über die gesamte Lebensspanne betrachtet. Studienteile zu erhöhten Risiken psychischer Belastungen, zum Schutzfaktor früher Kommunikation (insbesondere Gebärdensprache) und zur Bedeutung familiärer, sozialer und Community-basierter Ressourcen bilden die Grundlage für den fachlichen Austausch.
Ziel ist es, Wissen und Handlungskompetenz zu vermitteln, die Reflexion eigener und gesellschaftlicher Annahmen zu fördern und die Teilnehmenden zu befähigen, Barrieren zu erkennen und abzubauen – sei es in Beratung, Unterrichtung, Therapie oder Verwaltung. Die Nähe zur Lebenswelt von Betroffenen wird durch partizipative Elemente und Erfahrungsberichte sichergestellt.
Die genauen Themenschwerpunkte werden in Abstimmung mit den Teilnehmenden gewählt.
Das Seminar richtet sich an alle, die in ihrem Arbeitsalltag mit gehörlosen und hörbeeinträchtigten Menschen in Kontakt stehen, sowie an Betroffene und Angehörige, die ihre Erfahrungen und Perspektiven miteinbringen möchten.
Lernergebnisse
1. Wissen und Verständnis erwerben
• Die grundlegenden Merkmale, Werte und Identitätsaspekte der Gehörlosenkultur kennenlernen und deren Bedeutung für die Lebensgestaltung und psychosoziale Entwicklung gehörloser Menschen verstehen.
• Medizinische und psychosoziale Grundlagen, Ursachen und Auswirkungen von Gehörlosigkeit und Hörbeeinträchtigungen auf Basis aktueller Forschung nachvollziehen können – unter Berücksichtigung von Aspekten wie Kindheit, Erwachsenenalter und Alterungsprozess.
• Herausforderungen und Ressourcen im Umgang mit Mehrfachbehinderung (z.B. zusätzliche kognitive, körperliche oder psychische Beeinträchtigungen) erkennen und erläutern.
2. Sensibilität und Reflexion fördern
• Eigene und gesellschaftliche Vorurteile, Stereotype und Mythen über gehörlose Menschen und Menschen mit Hörbeeinträchtigungen erkennen, kritisch reflektieren und deren Auswirkungen auf soziale Teilhabe und Gesundheit einschätzen.
• Die Bedeutung nonverbaler Kommunikation, von Mimik und Körpersprache sowie von Gebärdensprache als zentrales Kommunikationsmittel erfassen.
• Die Rolle von Kommunikationsbarrieren, Missverständnissen und Diskriminierung analysieren sowie Strategien zur Überwindung erarbeiten.
3. Praktische Fähigkeiten erweitern
• Grundlegende kommunikative Kompetenzen erproben: Respektvolle Kontaktaufnahme, Anpassung der Gesprächsführung, bewusste Wahrnehmung und Einsatz visueller Signale.
• Handlungsansätze für den konstruktiven Umgang mit Isolation, Diskriminierung, Mehrfachdiskriminierung und migrationsspezifischen Herausforderungen entwickeln.
• Ressourcen und Unterstützungsangebote (wie Gehörlosen-Communities, Peer-Strukturen, Beratungsdienste und Dolmetschende) zielgerichtet kennen, bewerten und nutzen.
4. Interdisziplinäre Zusammenarbeit sicherstellen
• Die Rolle unterschiedlicher Berufsgruppen (z.B. Sozialarbeit, Medizin, Therapie, Pädagogik, Dolmetschdienste) in der Beratung, Begleitung und Unterstützung gehörloser und hörbeeinträchtigter Menschen erläutern.
• Konstruktive Strategien für die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Beratung, Betreuung, Bildung und Verwaltung anwenden und reflektieren.
5. Inklusion und soziale Teilhabe fördern
• Die Bedeutung von Vertrauen, Empathie und Offenheit für eine erfolgreiche Beziehungsgestaltung verstehen und anwenden.
• Möglichkeiten zur Förderung von Inklusion, Empowerment und sozialer Teilhabe im eigenen Arbeitsumfeld und in gesellschaftlichen Strukturen identifizieren und umsetzen.
• Praktische Fallbeispiele reflektieren und auf eigene berufliche und persönliche Situationen übertragen, um nachhaltige Handlungskompetenz zu entwickeln.
Zielgruppe
Das Seminar richtet sich an alle, die im beruflichen Kontext mit gehörlosen Menschen in Kontakt stehen oder selbst direkt oder indirekt betroffen sind. Das Seminar richtet sich in besonderer Weise an Mitarbeitende im psychosozialen Feld, die mit (auch) mit Gehörlosen arbeiten.
Hinweis
Referent:
Prim. MR Univ.-Prof. Dr. Johannes Fellinger
Er ist ein renommierter Arzt, Forscher und Experte auf dem Gebiet der Hörbehinderung, insbesondere in der Unterstützung von gehörlosen und schwerhörigen Menschen. Dr. Fellinger leitete das Zentrum für Kommunikation, Hör- und Sehfrühförderung am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz. Zudem ist er Gründer und Leiter des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie, das sich auf die Förderung der Gesundheit und sozialen Teilhabe von Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen spezialisiert hat.
Dr. Fellinger ist bekannt für seine interdisziplinäre Arbeit, bei der er medizinische, psychologische und soziale Ansätze verbindet, um die Lebensqualität gehörloser Menschen zu verbessern. Besonders hervorzuheben ist sein Engagement für die psychische Gesundheit dieser Zielgruppe. Er hat zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, die sich mit der Prävention von Isolation und der Förderung von Inklusion beschäftigen.
Als Autor und Referent hat Johannes Fellinger viele Beiträge zu internationalen Fachpublikationen geleistet und ist ein gefragter Experte in der Sensibilisierung für die Bedürfnisse gehörloser Menschen weltweit. Sein Fokus liegt auf der Schaffung von Brücken zwischen medizinischen, sozialen und kommunikativen Welten, um Barrieren abzubauen und eine inklusive Gesellschaft zu fördern.
Diese Veranstaltung ist als Fort- und Weiterbildungsveranstaltung gemäß § 33 Psychologengesetz 2013 sowie gemäß § 41 Psychotherapiegesetz 2024 mit 16 Einheiten anerkannt.
Anmeldung
Die wichtigsten Fakten:
04. November 2025
08:30 - 17:30
Hofer Straße 26,Schloss Hofen - Wissenschaft & Weiterbildung, 6911
Lochau
05. November 2025
08:30 - 14:15
Hofer Straße 26,Schloss Hofen - Wissenschaft & Weiterbildung, 6911
Lochau
Beate Schuchter
beate.schuchter@schlosshofen.at
+43 5574 4930 421